Ludwig I.                                     Auf mich im Jahre 1819

König von Bayern

1786 – 1868                                                   Der Sturm der Welt umfing des Kindes Leben,

In Stürmen wurde es zum Man erzogen,

Um seine Ruhe wurde es betrogen,

Und nun kann sie Befriedigung nicht geben.

 

Sich täuschend hat er selbsten sich belogen,

Die Stille nicht genügend seinem Streben;

Bei Felsenklippen, nimmer wo es eben,

befindet er sich wohl, auf wilden Wogen.

 

Herz, Seele oder Geist muß er befassen,

Es darf von ihm Begeiserung nicht lassen,

Zu dem Gewöhnlichen kann er nicht passen.

 

Des Himmels hehrer Stimme sehnend lauschen,

Beschäftigungen gegen andre tauschen,

Sein Glück, der Seele ewiges Berauschen.

 

 

 

 

 

 

Ludwig I.                                    

König von Bayern

1786 – 1868                                                   Lang ausgebrannt ist der Vulcan, ergossen

Sich aus demselben Lavaströme haben,

Die viel des Schönen schonungslos begraben;

Der Krater ist für immerdar geschlossen.

 

Erfreulich wenige der Liebe Gaben,

Hab’ frohe Stunden selten nur genossen,

Die meisten sind in Qualen mir verflossen,

Es konnte kaum das Herz so recht sich laben.

 

Es both Vereinigung nur karge Freude,

Von mannigfalt’gem Leiden meist umwunden;

Getrennt war ich jedoch des Grames Beute.

 

Nun habe endlich Ruhe ich gefunden,

Vergangenheit war trübe, klar das Heute,

Im Frieden fließen jetzo hin die Stunden.

 

 

 

Ludwig I.                                    

König von Bayern

1786 – 1868                                                   Ein liebevolles Leben war das meine,

Von Eros Pfeil ward oftmals ich durchdrungen,

Und willig wurde ich von ihm bezwungen.

Das Höchste ist die Liebe doch, die reine!

 

Wie öd’ das Leben, wenn sie uns verklungen!

Empfinden können Seligkeit wir keine,

Wenn nicht verklärt in ihrem Zauberscheine.

Durch Liebe wird die Macht der Welt bezwungen.

 

Die Liebe macht das ird’sche Leben länger,

Vervielfacht’s, macht es inhaltsreich, enteilen

Muß leer das liebentblößte, es wird enger.

 

Nur Liebe kann Befriedigung ertheilen,

Beseligt allein ist ihr Empfänger,

Dem es vergönnt daß sie in ihm darf weilen.

 

 

 

 

 

 

 

Ludwig I.                                     Die Augen der teutschen Frauen

König von Bayern

1786 – 1868                                                   Empfangen haben sie erhab’ne Weihe

Die Ruh’ und Frieden wonnig milde hauchen;

Der Himmel sieht sich selbst in diesen Augen,

Die, so wie er, erfreuen stets auf’s Neue.

 

Beseligt möcht’ in sie der Blick sich tauchen,

Und himmlisch, wie sie sind, ist ihre Bläue.

Die Farbe der Bescheidenheit und Treue,

Der Tugenden, die nie und nie verrauchen.

 

Zwar in den Augen uns’rer teutschen Frauen

Ist keine Gluth, und keine Flamme brennet;

Doch das, was nur die teutsche Sprache nennet,

 

Von allen nur das teutsche Weib auch kennet:

Die Weiblichkeit an ihnen ist zu schauen,

Durchdringet uns mit Lieben und Vertrauen.

 

 

 

 

 

Ludwig I.                                    

König von Bayern

1786 – 1868                                                   Ein Blitz der in die Herzen schlägt, durchglühend,

Das ist die Liebe, die gleich schnell verschwindet,

Und sich von neuem plötzlich wieder findet,

Verwelkend bald und ebenso erblühend.

 

Eh’ sie bemerkt wird, hat sie schon entzündet,

Es rettet sich der Mensch nicht vor ihr fliehend;

Die Liebe ist enteilend und verziehend

Wie ihr’s beliebt, die Keiner noch ergründet.

 

Sie ist des Lebens schimmernd hehre Blume,

Beseligung in ihrem Heiligthume,

Und nur in ihm, sie find’t sich nicht im Ruhme.

 

Es wird durch sie der Augenblick verkläret,

Zugleich des Herzens Ruhe doch verzehret,

Und doch nicht glücklich, welcher sie entbehret.

 

 

 

 

Ludwig I.                                    

König von Bayern

1786 – 1868                                                   Jetzt über Venus üpp’gem Reich erhoben,

An welches sklavisch lange ich gekettet,

Auf einem Felsen stehe ich gerettet.

Es rauschet unter mir der Lüste Toben.

 

Ihr Sinnenreize seyd für mich zerstoben,

Ihr seyd, als wenn ihr nie gefaßt mich hättet;

In Seelenruhe ist mein Seyn gebettet.

Nach unten nicht, es geht mein Blick nach oben.

 

Ich bin so überselig! bin verkläret!

Und Luft und Erde sind mir nun erheitert,

Durch Liebe ist der Himmel mir erweitert.

 

Die Glut, die mich durchströmt, mich nicht verzehret,

Mich wonnend der Geliebten ihre nähret,

Auf meine Tugend jeder Angriff scheitert.

 

 

 

 

Ludwig I.                                    

König von Bayern

1786 – 1868                                                   Ein Bergstrom über Felsen wild ergossen,

Daß schäumend gegen Himmel sich’s erhoben,

Kam meiner Liebe leidenschaftlich Toben

Aufrauschen über alles hergeschossen.

 

Des Stromes Brausen, es ist jetzt zerstoben,

Wie höchste Freud’ und Pein, die ich genossen;

Ein stiller Bach kommt er nunmehr geflossen

Durch sanftes Thal, das blühend ihn umwoben.

 

Doch, ob er immer eben so von hinnen

Bis in des Meer’s Unendlichkeit wird rinnen,

Dasselbe ruhig fluthend wird gewinnen?

 

Das liegt in der Zukunft noch verborgen,

So wie die Klippen, über die er morgen

Vielleicht schon stürzt. Es helfen keine Sorgen.

 

 

 

 

 

Ludwig I.                                    

König von Bayern

1786 – 1868                                                   Mein ganzes Fühlen, Leben war ein Sehnen,

Ein unaufhörlich glühendes Verlangen

Nach meiner Sonne, die kaum aufgegangen,

Verdeckt geworden von der Trennung Thränen.

 

Da stand die Holde neben mir, und dehnen

Sich, liebend beugend zart mich zu umfangen,

Den Arm ich sah, ich sah die Rosenwangen.

Das Glück, was ich empfand, es war kein Wähnen.

 

Es mußte die Entscheidung schnell verwehen,

Sie wurde nimmermehr von mir gesehen,

Doch ewig wird der Eindruck fortbestehen.

 

Kann nie den seelenvollen Blick vergessen,

Erinnern werde ich mich ewig dessen,

Und was mir wurde, bleibt von mir besessen.

 

 

 

 

 

 

Ludwig I.                                    

König von Bayern

1786 – 1868                                                   Durchzuckt hier sonsten von der Liebe Beben

Empfand ich’s durch mein ganzes Wesen brennen,

Gefühle, welche keine Sprachen nennen,

Entgegen der Geliebten wollt’s mich schweben.

 

Die Wonn’ und Leiden kann ich nimmer kennen,

Wie ruhig ist jetzt alles und wie eben!

Ich habe kein Verlangen mehr noch Streben,

Es mußte sich für ewig von mir trennen.

 

Und Jahr’ nach Jahren sind vorbey geflogen,

sie, die so vieles in der Welt zerrieben,

Die Glut aus meinem Herzen spurlos sogen.

 

Was ewig schien, sie haben es vertrieben,

Mit ihnen ist die Liebe hingezogen;

Erinnerung allein ist mir geblieben.

 

 

 

 

 

Ludwig I.                                     An Therese

König von Bayern

1786 – 1868                                                   Wenn mir verführerische Blicke winken,

Daß ich vom Pfade nicht der Tugend scheide,

Verhinderst du, daß ich auf ihm nicht gleite,

Wenn’s in der Schönheit Arme drängt zu sinken.

 

Der Wollust Küsse dürstet mich zu trinken,

Ein Engel stehest du jedoch zur Seite,

Beschützend gebend sicheres Geleite,

Ob Firmamente gleich von Augen blinken.

 

So, rettend, führe mich durch’s ganze Leben,

Du, Himmlische, vom Himmel mir gesendet,

Und liebend laß’ mich einst zu ihm entschweben.

 

Dich sieht mein Geist und nie wird mehr verblendet

Der Blick von Sinnenlust, die nie gegeben

Befriedigung, den Frieden nur entwendet.

 

 

 

 

 

Ludwig I.                                     An mein abwesendes Weib

König von Bayern

1786 – 1868                                                   Mich drängt’s, nach dir die Arme auszubreiten,

Geliebtes Weib, dich glühend zu umfangen,

Beseliget an deinem Mund zu hangen,

Um niemals von demselben mehr zu scheiden.

 

Nach deinen Reizen strebet mein Verlangen,

Durchwonnt an deinem Anblick mich zu weiden,

Um den die Götter selber mich beneiden,

Die nie ein holdes weib gleich dir errangen.

 

Zu meines Lebens Glücke du Geborne,

Von meinem Herzen liebevoll Erkorne,

Dich darf ich hochentzückt die Meine nennen.

 

Bist zwar für jetzo eine mir Verlorne,

Doch bald wird es von dir mich nimmer trennen,

Auf deinen Lippen bald die meinen brennen.

 

 

 

 

 

Ludwig I.                                     An meine 18jährige Tochter Adelgunde

König von Bayern

1786 – 1868                                                   Entzückender weil, daß es uns entzücket,

Ihm selbst, doch ihm allein nur, ist verborgen,

So lebt das Veilchen seinen heitern Morgen,

Verwelket schnelle wie es wird gepflücket.

 

Entfernet von den Wünschen, von den Sorgen,

Nicht werdest deiner Ruhe du entrücket,

Uns deine zarte Lieblichkeit beglücket,

Der stillen Macht der Anmuth wir gehorchen.

 

Du anspruchslose, holde Adelgunde,

Aus allen deinen Zügen spricht die Güte,

Es giebt von ihr dein ganzes Wesen Kunde.

 

Nicht ahnst du deine zauberische Blüthe,

Obgleich dein Lob ertönt aus jedem Munde;

Verweht doch ist der Duft wie’s Herz erglühte.

 

 

 

 

 

 

Ludwig I.                                     Das Kreuz vor dem Salzburger Capuzinerkloster

König von Bayern

1786 – 1868                                                   Auch mir warst du des Trostes mächt’ges Zeichen,

Auf dich geheftet weilen meine Blicke,

Daß sich mein Herz am Glauben fromm erquicke,

Und freudig fühlte ich mich selbst dein eigen.

 

Beneidenswerth ist, dem die Zweifel schweigen!

Wer kindlich glaubet, lebet in dem Glücke;

Daß sich es nimmer meinem Geist entrücke;

Dem an dem Kreuz Gelittnen möcht’ ich gleichen.

 

Da oben liegest du in Gottes Frieden,

Prunklose kirche, ew’ger Ruh’ erfüllte,

Auf erden schon vom Irdischen geschieden.

 

Verkläte in des Aethers lichter Milde,

Bey dir ist’s himmlisch schön bereits hienieden,

Erhobene zum seligen Gefilde.

 

 

 

 

Ludwig I.                                    

König von Bayern

1786 – 1868                                                   Die Hände wollt’ ich zum Gebete falten,

Im trüben harten Kampf mit mir begriffen,

Ich konnte mich nicht finden aus den Riffen,

Ich konnte nicht durch eig’ne Kraft mich halten.

 

So kniete ich, nicht rettend konnt’ ich schiffen

Aus der Versuchung schrecklichen Gewalten

Zu reizend mußte Sünde sich gestalten,

Das Himmlische schloß sich in Hieroglyphen.

 

Da fühlt’ ich vor dem Geist sich’s plötzlich hellen,

es sprach: „Mit Gott ist nicht zu unterhandeln,

Nicht ihm entgegen darf der Will’ sich stellen.“

 

Es blühen schon die Pfirschen und die Mandeln,

Ich sehe Leben der Natur entquellen,

Durch Gott mein wesen liebend sich verwandeln.

 

 

 

 

 

Ludwig I.

König von Bayern

1786 – 1868                                                   Erfüllet die Natur auch mit Entzücken,

Sie, die durchdrung’ne von dem Reiz des Schönen,

Wird dennoch sich der Mensch daran gewöhnen,

Vermögend nicht ihn dauernd zu beglücken.

 

Wenn es dem Geiste wird in ihr ertönen,

Ist der Befried’gung Blume nur zu pflücken,

Blos dann, wenn wes dem Ird’schen wird entrücken,

Kann den Genuß beseligend es krönen.

 

Es dehnt sich gleich dem endelosen Meere,

Es liegt vor ihm in seelenloser Leere,

Und niederdrücket es mit ew’ger Schwere.

 

Der Zauber der Natur sich schnelle leget

Wird sie durch Herz nicht oder Geist beweget,

Durch sie wird Leben, nur in ihr erreget.

 

 

 

 

 

 

Ludwig I.

König von Bayern

1786 – 1868                                                   Des Menschen Sehnen strebt nach ew’gem Frieden,

Doch kann er kurzen selber kaum ertragen;

Er eilt aus sicherm Hafen, frisch zu wagen;

Den Sterblichen ist Ruhe nicht beschieden.

 

Es wird dazu die Stunde niemals schlagen,

Verlangt wird sie, nicht läßt sie sich gebieten.

ergeben muß sich immerfort hienieden

Veranlassung, zu wünschen und zu klagen.

 

Veränd’rungslos kann nichts auf erden währen,

In ew’gen Wechsel ist Natur begriffen,

In Länge wird das Glück sich selbst verzehren.

 

Gefahren müssen drohen von den Riffen,

Zuweilen muß ein Sturm die Fahrt beschweren;

Nicht ruhig kann der Mensch durch’s Leben schiffen.

 

 

 

 

Ludwig I.

König von Bayern

1786 – 1868                                                   Gefallend ist die Schönheit, diese Blüthe,

Vermögend bloß Bewund’rung zu erregen,

Doch nie allein die Seele zu bewegen

Ihr noch gelang, wie sie sich gleich bemühte.

 

Die Anmuth ziehet an, doch wird sich’s legen,

Und bald, wie das ergriff’ne Herz auch glühte,

Nicht sie, nicht Schönheit fesselt, nur die Güte,

Es schlägt das Herz beständig ihr entgegen.

 

Von allem kann nur Güte Werth ertheilen,

Er widerstehet den Vernichtungspfeilen,

Ob alls, alles schnell auch muß enteilen.

 

Was er besitzt, muß einst der Mensch entbehren,

Die Zeit wird alles Zeitliche verzehren,

Der Lohn der Güte doch wird ewig währen.

 

 

 

 

 

Ludwig I.

König von Bayern

1786 – 1868                                                   Die ihr euch selbsten aufgeworfnen Richter,

Die ihr den Zauberschimmer abgestreifet,

Gefühllos in des Herzens Wonne greifet,

Ihr seyd des heiligsten Gefühls Zernichter.

 

In euern Anmaßungen ihr ersteifet,

Ihr stürzt zu euch hinab die höchsten Dichter.

Zerstören nur kann einzig dieß Gelichter

Das, nichts verschonend, wie der Blitzstrahl schweifet.

 

Was liebevoll die Seele hielt umfangen,

Woran mit hehrem, glühenden Verlangen

Das Herz, beglückt, beseliget gehangen,

 

Wird schmählich euerer Kritik zum Raube,

Da Himmlische gezogen wird’s zum Staube;

Der frieden fliehet, es erstirbt der Glaube.